Muss ich nach jedem Training Muskelkater haben?

Wenn du hier gelandet bist, dann hattest du mit Sicherheit schon mal einen richtig schönen Muskelkater. Die Art schöner Muskelkater, der dazu führt, dass du dich beim aufs Klo gehen abstützen musst, um dich hinsetzen zu können. Oder der dich in komischen Verrenkungen die Treppe runterlaufen und ins Auto einsteigen lässt. Wir haben schon von vielen gehört, dass Muskelkater eines der schönsten Gefühle der Welt ist. Er vermittelt das Gefühl, als hätte man das intensivste und beste Training, zu dem man in der Lage ist, absolviert. Hat man Muskelkater, dann kann das Training ja nur effektiv gewesen sein. Das Sixpack, der 44er-Bizeps und ein toller Booty werden dann ja nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Einerseits ist das eine tolle mentale Taktik, die Muskelschmerzen aushaltbar zu machen. Auf der anderen Seite steht aber dann die Frage, ob ein Training ohne anschließenden Muskelkater überhaupt effektiv und somit sinnvoll ist. Besser gesagt: Muss ich Muskelkater haben, um Fortschritte zu erzielen? Um die Antwort mal kurz und knapp vorweg zu nehmen: JEIN.

Was ist eigentlich Muskelkater?

Lange Zeit war die führende Theorie der Sportwissenschaften, dass zu viel Laktat (das Salz der Milchsäure) in den Muskeln für die Schmerzen verantwortlich ist. Mittlerweile hat man jedoch herausgefunden, dass die Übersäuerung des Muskels durch zu viel Laktatbildung nicht der Ursprung von Muskelkater ist. Die Hypothese hat unter anderem deswegen nicht standgehalten, weil Sportarten, bei denen besonders hohe Laktatwerte gemessen werden, nicht die sind, bei denen auch besonders oft Muskelkater auftritt. Im Gegenteil: Es scheint so zu sein, als würde Muskelkater hauptsächlich im Kraft- und Muskeltraining auftreten. Bei beiden Trainingsarten werden in der Regel eher niedrigere Laktatwerte als normal angesehen.

Inzwischen gilt die allgemein anerkannte Hypothese von Mikrorissen in der Muskulatur, die dann zu den Muskelschmerzen führen. Durch einen überschwelligen Reiz entstehen kleinste Mini-Verletzungen in der Muskulatur. Durch diese Risse entstehen kleine Entzündungen im Muskelgewebe, die den Muskel in Folge und durch das Eindringen von Wasser leicht anschwellen lassen.

Muskelkater heißt doch, dass ich richtig krass trainiert hab?

Jein. Nicht ganz. Sicher ist ein starker Muskelkater ein Anzeichen dafür, dass du hart trainiert hast. Ob dieses harte Training jedoch den gewünschten Effekt des Muskelzuwachses hatte, hängt nicht vom Auftreten eines Muskelkaters ab. Tatsächlich scheint es so zu sein, als würde ein richtig starker Muskelkater sogar eher das Gegenteil bewirken: Durch die Mikro-Verletzungen der Muskelfaser wird nämlich auch die Funktion der Muskulatur beeinträchtigt. Die zerstörten Z-Scheiben, die die einzelnen Sarkomere miteinander verbinden, sorgen nämlich dann dafür, dass die Muskelfaser sich nicht mehr normal zusammenziehen kann.

Angemerkt sei hier, dass es sich in unserem Artikel um wirklich starken Muskelkater handelt – einer, der mehrere Tage bleibt und zu wirklich starken Schmerzen führt. Ein bis zwei Tage nach dem Training eine leichte Spannung oder Ziehen in der Muskulatur zu spüren, ist zwar auch Muskelkater. Dabei sind jedoch die negativen Auswirkungen auf ein Minimum reduziert oder gar nicht vorhanden.

Im Falle eines solchen Muskelkaters empfiehlt es sich, das Training individuell so anzupassen, dass man sich relativ genau an der Belastungsgrenze befindet; eher ein Stück darüber. Wir wollen ja immerhin durch Training besser werden. Die darauffolgenden schwachen Schmerzen verschwinden in der Regel nach ein paar Stunden wieder – und sie sind tatsächlich ein Indiz für das optimale Training anzusehen. Ein schmerzhafter Muskelkater ist aber genau das Gegenteil: Man hat sich weit über seiner Belastungsgrenze befunden und seinem Körper damit eher geschadet als geholfen.

Kann ich Muskelkater einfach ignorieren?

Ganz großer Fehler: Ein starker Muskelkater ist eine Muskelverletzung – zwar klein, aber dennoch eine Verletzung. Und eine Verletzung will auskuriert werden. Das bedeutet zwar nicht, dass du im Bett liegen musst, bis du wieder fit bist. Eine Umstellung des Trainings ist aber auf jeden Fall ratsam. Die betroffenen Muskelpartien sollten so gut es geht geschont werden. Du musst sie nicht zur Tabu-Zone erklären, aber sie sollten allenfalls Opfer eines leichten Trainings werden. Wir empfehlen, sehr genau auf den eigenen Körper zu hören – er sagt uns nämlich sehr zuverlässig, was er gerade braucht, was ihm gut tut und was eher nicht.

Was hilft gegen Muskelkater?

Alles was dem Körper bei der Reparatur der verletzten Muskelfasern hilft, ist willkommen. Am besten hilft leichte Bewegung. Wer schon mal wirklich starke Muskelschmerzen hatte, der weiß, dass es immer dann am schlimmsten ist, wenn man sich lange nicht bewegt hat: Morgens beim Aufstehen, nach dem Mittagessen den Tisch verlassen, aus dem Auto aussteigen. Eben immer dann, wenn auf längere Inaktivität eine Bewegung folgt. So unterstützt z.B. spazieren oder leichtes Joggen den Heilungsprozess der Muskelfasern. Dabei wird die Durchblutung angeregt und die Entzündungsstoffe können so schneller abgebaut bzw. ausgeschwemmt werden. Gleichzeitig werden dann auch neue Eiweiß-Bausteine zum verletzten Muskel befördert, um diesen zu reparieren.

Denselben Effekt haben leichte Dehn- und Beweglichkeitsübungen, sowie das Nutzen einer Faszienrolle. Aber Vorsicht: Die Rede ist hier wirklich von leichten Belastungen. Übermäßiges Dehnen über die Belastungsgrenze hinaus kann im verletzten Muskel zu einer noch größeren Belastung und mit einer eventuellen ernsthaften Verletzung einhergehen. Auch beim Rollen sollte man Vorsicht walten lassen: Es soll zwar schmerzen, aber sobald es sich um einen stechenden Schmerz handelt, sofort aufhören. Von hartem Training mit starkem Muskelkater ist übrigens auch eher abzuraten, da die noch nicht verheilten Verletzungen in den Muskelfasern zu schwerwiegenden Verletzungen wie zu einem Muskelfaserriss führen können.

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Liebe Grüße Jana und Marc Julian